Logbuch Eintrag: Der Ritter der Mittagssonne und die Tochter der Tiefe
Anekdote // Typ H, Heilung // Thema: Die Gewalt des Lichts und die Gabe der Dunkelheit
[Anmerkung des Architekten]
Jeder Text, den Sie hier lesen, ist ein einzelner Knotenpunkt in einem größeren, vernetzten System – dem Rotfuchs-Protokoll. Dieses System nutzt eine eigene, präzise Sprache, um maximale Klarheit zu schaffen.
Um zu vermeiden, dass die Lektüre zu dekonstruktivem Interferenzrauschen (einem Missverständnis aufgrund fehlenden Kontexts) führt, wird dringend empfohlen, zuerst das START HIER-Manifest und die Über-Seite zu analysieren.
Sie liefern die Karte für das Territorium, das wir hier gemeinsam erkunden.
[Ende der Anmerkung]
Es wird die Geschichte erzählt von Solan, einem Wächter des Hohen Plateaus, wo die Luft so dünn und klar war, dass jeder Gedanke wie ein Glockenschlag hallte. Solan trug eine Rüstung aus poliertem Silber, die das Licht der Mittagssonne nicht nur fing, sondern verstärkte. Seine Mission war einfach: „Bringe Licht in jeden Winkel. Denn Schatten ist nur die Abwesenheit von Wahrheit.“
Eines Tages kam er an das Ufer des „Stillen Meeres“.
Es war kein Wasser, wie er es kannte. Es war eine Masse aus flüssigem Samt, schwer und dunkel wie Tinte, die seit tausend Jahren nicht gerührt wurde. Dort, halb versunken zwischen schwarzen Felsen, lebte Mara.
Mara gehörte zur Tiefe. Ihre Augen hatten die Farbe von Regen, der in der Dämmerung fällt.
Solan sah sie im Schatten sitzen und spürte einen Stich in seiner Brust. Er dachte: „Sie friert. Sie ist verloren. Sie kann den Weg nicht sehen.“
Er stieg herab. Mit einer entschlossenen Bewegung zog er sein Schwert, das leuchtete wie ein Stern, und entzündete seine Fackel. Er wollte die Nacht für sie zerschneiden.
Er erwartete ein Lächeln.
Aber Mara schrie auf.
Sie riss die Hände vor das Gesicht. Ihre Haut, die an den sanften, schweren Druck der Tiefe gewöhnt war, bekam Risse im harten, weißen Licht seiner Fackel. Das schwarze Wasser um sie herum begann zu zischen und zu verdampfen, als hätte er Säure hineingegossen.
„Warum wehrst du dich?“, rief Solan, seine Stimme dröhnend vor guter Absicht. „Ich vertreibe die Monster!“
“Du bist das Monster“, flüsterte sie. Ihre Stimme war leise wie das Rauschen in einer Muschel. „Dein Licht wärmt nicht. Es häutet mich. Du willst nicht mich sehen. Du willst nur, dass ich so hell werde wie du.“
Solan hielt inne. Er sah auf seine Fackel. Er sah, wie das grelle, gnadenlose Licht die feinen, biolumineszenten Muster auf Maras Armen überstrahlte.
Er begriff.
Er hatte versucht, die Tiefsee mit einem Scheinwerfer zu retten. Er hatte die Stille mit Lärm gefüllt.
Da tat der Ritter etwas, was auf dem Hohen Plateau als Wahnsinn galt.
Er rammte die Fackel in den feuchten Sand, bis sie zischend erlosch.
Er legte die Rüstung nicht ab – denn das Metall war sein Halt. Aber er ließ sich langsam auf die Knie sinken, bis das kalte Wasser seine Beinschienen umspülte.
Er öffnete das Visier seines Helms.
Und er schloss die Augen.
Er saß lange dort. Ein Turm aus stillem Silber in der schwarzen Flut.
Minuten wurden zu Stunden. Die Kälte kroch gegen das Metall, aber er bewegte sich nicht. Er wartete, bis seine Augen das Gedächtnis der Sonne vergessen hatten.
Und als er sie wieder öffnete, sah er es.
Das Wasser war nicht schwarz. Es war ein tiefes, pulsierendes Indigo, durchzogen von Adern aus Licht.
Und Mara war nicht verloren. Sie leuchtete.
Er streckte die gepanzerte Hand aus, aber er berührte sie nicht. Er ließ sie nur im Wasser ruhen, eine stählerne Insel in ihrer Flut.
„Ich werde dich nicht retten“, sagte er leise in die Dunkelheit. „Denn du bist nicht gefallen. Du bist nur tief.“
Er wurde nicht zum Schatten. Er blieb Stahl. Aber er lernte, sein Licht zu dimmen – von der verbrennenden Sonne zum reflektierenden Mond.
Dies war ein Protokoll
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